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Hoi An – Weltkulturerbe in Mittelvietnam

Hoi An liegt zentral gelegen am Thu Bon-Fluss in Mittelvietnam, knapp 30 Kilometer südlich von Da Nang. Die heute knapp 80 000 Einwohner zählende Stadt ist ein Juwel der vietnamesischen Architektur – und für knapp ein Jahr lang auch mein Zuhause gewesen. Grund genug, ein wenig über diese Stadt zu schreiben…

Hoi An hat eine lange Tradition als Handelsstadt. Schon in der Frühgeschichte war hier eine Hafenstadt der Cham, einem Volk, das hier früher siedelte. Als die Vietnamesen im 15. Jahrhundert diese Region eroberten, erkannten sie die gute Lage und förderten den Handel. Europäische, japanische und chinesische Handelshäuser ließen sich hier nieder. Leider versandete der Thu Bon-Fluss und die Stadt verlor den Zugang zum Meer. Als im 19. Jahrhundert immer tiefer gehende Segelschiffe gebaut wurden, hatte diese Stadt keine Zukunft mehr.

Während der französischen Kolonialzeit wurde das nördlich liegende Da Nang zum wirtschaftlichen und kulturellen Zentrum ausgebaut, und erlebte deswegen einen besonders großen Aufschwung, während das weiter südlich gelegene Hoi An in einem regelrechten Dornröschenschlaf versank. Der Bau der Eisenbahn an Hoi An vorbei, versetzte der Stadt den endgültigen Todesstoß. Hoi An hat sich in der Zeit danach nie wieder wirtschaftlich erholen können.

Gerade diese Tatsache macht aber diese Stadt zu einem willkommenen Ausflugsziel. Die Menschen hier waren regelrecht von der Außenwelt abgeschnitten, Handel ließ sich kaum noch betreiben und daraus resultierte auch eine für Vietnam ungewöhnlich hohe Armut. In Da Nang riss man die alten Häuser einfach ab und ersetzte sie durch moderne Betonbauten. In Hoi An passierte dies nicht. Die Bewohner Hoi Ans waren schlicht zu arm, um die Stadt zu modernisieren.

Hoi An

Hoi An @TK

Mitte der 1990er Jahre änderte sich dies, als mit dem Wegfall des amerikanischen Embargos, mehr und mehr Touristen ins Land kamen, die auch auf der Suche nach dem ursprünglichen Vietnam waren. Zum Entsetzen der Vietnamesen fuhren diese Touristen nicht nach Da Nang, sondern nach Hoi An. Anfangs hatte diese Stadt keine Hotels oder Restaurants, aber die Bewohner erkannten schnell, dass sich hier die Möglichkeit ergab, aus der wirtschaftlichen Sackgasse wieder herauszukommen. Die vietnamesische Regierung beantragte für die Altstadt Hoi Ans den Status als Weltkulturerbe, der 1999 von der UNESCO vergeben wurde. Damit war sicher gestellt, dass nun in der beginnenden wirtschaftlichen Aufschwungphase keine baulichen Veränderungen in der Altstadt passieren konnten. Aus diesem Grund präsentiert sich diese Stadt auch heute noch in ihrer ursprünglichen Gestalt.

Hoi An besitzt heute eine sehr gut ausgebautes Infrastruktur. Die Straßen wurden ausgebaut, das Stromnetz und auch z.T. sogar eine Kanalisation angelegt. Hoi An hat heute den höchsten Lebensstandard Vietnams. Die steigende Besucherzahl hat dazu geführt, dass Hotels jeder Preisklasse geöffnet wurden und auch für das leibliche Wohl wird gesorgt. Restaurants, Cafés und Bars laden die Besucher ein, sich einige Momente der Ruhe zu gönnen. Abends auf der Terrasse eines Cafés zu sitzen und auf den Thu Bon-Fluss hinunter zu schauen, ist schon mehr als entspannend.

Die Altstadt Hoi Ans ist sehr übersichtlich angelegt: drei Haupt- und drei Querstraßen, die parallel zum Thu Bon-Fluss angelegt sind. Darüber hinaus existieren noch weitere Vororte, die allerdings modern sind. In den Dörfern rings um die Stadt siedeln Handwerker. Nach einer Zählung der städtischen Denkmalverwaltung existieren über achthundert Sehenswürdigkeiten! Hoi An ist zwar eine kleine Stadt, aber es gibt sehr viel zu sehen.

Die Reiseführer nennen dagegen nur eine kleine Zahl der Pagoden, Tempel und alten Häuser. Es handelt sich um die offiziellen UNESCO-Gebäude, für deren Besichtigung man Eintrittstickets kaufen muss. Die restlichen Sehenswürdigkeiten dagegen sind in der Regel frei. Während die UNESCO-Häuser restauriert sind und als Museum genutzt werden, sind die anderen Sehenswürdigkeiten in Benutzung, sie werden bewohnt oder in ihnen wird gelebt. Dies sollte niemanden abhalten, auch diese Häuser zu besuchen, Vietnamesen freuen sich immer über Besuch, vor allem, wenn es Tay (Westler) sind!

Die vietnamesische Regierung plant, in den nächsten Jahren die Besucherzahlen noch erheblich zu steigern. Ob dies diese Stadt verkraften kann, wird sich zeigen. Am Cua Dai-Strand werden Hotels und Ressorts gebaut. Der Strand ist bislang noch so gut wie menschenleer. Vietnam ist kein klassisches Badeurlaubsland. Dies wird sich aber ändern. Hoi An verfügt über einen sehr schönen und ruhigen Strand. Im Herbst kann es aber sehr ungemütlich werden, wenn erstens die Taifune kommen und zweitens die Wassermassen von den Bergen den Fluss ansteigen lassen. In Hoi An nennt man diese Zeit die „Überschwemmungszeit“, die beste Reisezeit ist deswegen Anfang des Jahres. Ein Besuch in dieser Stadt bietet sich für fast jeden Vietnamurlaub an, denn die Stadt liegt sehr zentral, auch wenn sie nicht mit dem Eisenbahnnetz verbunden ist.

Von Hoi An aus kann man auch sehr gut die Landschaft Mittelvietnams erkunden. Tagesausflüge in das ebenfalls zum Weltkulturerbe gehörende My Son, einer alten Tempelstadt, sowie nach Da Nang bieten sich regelrecht an. In Da Nang kann man einkaufen, die Marmorberge besichtigen oder am China Beach entspannen. Von Hoi An aus kann man auch in die Berge fahren, wo immer noch einige ethnische Minderheiten zu Hause sind. In den Vororten von Hoi An gibt es Handwerkersiedlungen (Töpfereien, Eisengießer, Weber…). Es gibt ein Gemüsedorf, aber auch eine wunderschöne Landschaft. Man kann dies sehr gut mit dem Fahrrad oder Motorrad erkunden. In Hoi An selber finden sich zahlreiche Reiseanbieter, darunter auch einen nach Vietnam ausgewanderten Deutschen, die Touren zu den Sehenswürdigkeiten anbieten.

Auch wenn sich immer mehr Besucher hier einfinden, vermehrt auch deutsche Besucher, so hat die Stadt bislang noch nicht viel von ihrem Flair verloren. Einige Bewohner sind da allerdings anderer Meinung. Die Vietnamesen sind aber neuem immer aufgeschlossen, und so lange sie ihr bislang vertrautes Leben auch weiterhin leben können, werden sie Besucher herzlich willkommen heißen. Tourismus hat immer zwei Kehrseiten, aber so lange der Profit in dieser Stadt nicht an erster Stelle steht, wird sich dieser Zauber auch noch halten können. Ein Beispiel sei dazu abschließend erwähnt: Das monatliche Vollmondfest. Ich bin eigentlich sehr unmutig zu diesem Fest gegangen, weil ich dahinter einen argen Touristenrummel vermutete. Aber ganz im Gegenteil! Es handelt sich um ein vietnamesisches Fest für Vietnamesen. Touristen nehmen nur am Rande teil. Das Fest ist, und auch das typisch vietnamesisch, gegen neun Uhr abends zu Ende, dann gehen alle nach Hause! Seitdem gehe ich gerne auf dieses Fest, weil man hier die vietnamesische Mentalität sehr schön sehen kann.

In den nächsten Jahren wird sich in dieser Stadt einiges tun. Ob man nun heute oder erst in der Zukunft nach Hoi An kommen wird, man wird eine zauberhafte Stadt mit sehr gastfreundlichen Menschen entdecken können.

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